Texte zum Werk des Künstlers
 
- "Dynamisch und gelassen" - eine Einführung in das Werk des Künstlers
 
- Vernissage Marienkrankenhaus Kassel - Laudatio
 
- Jannies Garten - Gedanken zu Uwe Rehers Bildern
 
- Evangelische Bildungsstätte Haus Nordhelle - Laudatio
 
- Kreuz der Hoffnung - eine Bildmeditation
 
- Jannies Garten
 
- Momentaufnahmen
 
- Reinste Farbbotschaften. In: (k)KulturMagazin, Mai 2016
   

 

 

 

 


 

 

Vernissage Marienkrankenhaus Kassel
- Laudatio

(...) Die Natur ist ihm Vorlage und Inspiration für seine Landschaften und Stillleben. Es gilt nicht, sie fotografisch und detailliert abzubilden, sondern das Wesentliche, die Stimmung aus eigenem Erleben einzufangen. Die flüchtigen Skizzen sind nur Gedankenstützen für die spätere freie Arbeit im Atelier: Groß- und kleinformatige Bilder auf Leinwand und Papier in den unterschiedlichsten, teils gemischten Techniken wie Öl-, Acryl-, Aquarell- und Pastellmalerei.

Die moderne Technik der Acrylmalerei bringt eine intensiv leuchtende Farbigkeit hervor. Bilder von Tulpensträußen von heftiger Dynamik, die, durch stille Töne gemildert, nie in schrille Buntheit ausarten. Sie vermitteln vielmehr die Idee von der explosiven Kraft dieser Frühblüher und der Vitalität des Frühjahrs.

Die Aquarelltechnik hingegen kann schon eine jahrhundertealte Tradition aufweisen, bei der Albrecht Dürer mit seinen Landschaften ihr eine nie zuvor gekannte Eigenständigkeit verliehen hat. Während einst die Farbe in immer wieder getrockneten Schichten sorgfältig über die Vorzeichnung gelegt wurde, verzichtet die moderne Aquarelltechnik häufig auf das langwierige Trocknen. Eine nass-in-nass-Malerei lässt die Farben weich ineinander fließen. Dabei spielt die Wahl des Papiers eine große Rolle. Uwe Reher ist ein Kenner auch dieser Materie.

Handgeschöpftes Bütten, in kleinen Bogen vom Sieb genommen, mit deutlich ausgefransten Rändern hat seinen eigenen Charme. Gierig saugt es die Feuchtigkeit auf und lässt die Farbe verlaufen. Dennoch wird das Aquarell sorgfältig aufgebaut – vom Hellen zum Dunklen in transparenter Schichtfolge. Leben erhalten die Darstellungen nicht zuletzt durch Aussparungen: Die Farbe der Umgebung formt manchmal den Bildgegenstand.
Das Stehenlassen des Malgrundes vermag den Bildern durch einen weiteren Farbwert einen besonderen Reiz zu geben.

Neben intimen Formaten finden sich auch große Bilder, häufig in Mischtechnik. Dabei liebt es Uwe Reher, das Aquarell mit Pastell zu überarbeiten, was ihm einen samtigen Schimmer verleiht.

Die Pastellmalerei wurde in ihrer Frühzeit, besonders in Italien, zur Kolorierungen von Zeichnungen benutzt. Erst im 18. Jahrhundert entdeckte man in Frankreich ihre malerischen Qualitäten in ihren sehr differenzierten Tönen. Edgar Degas entdeckte die Pastellmalerei erneut, um einem zufälligen Bewegungsausschnitt mehr Sinnlichkeit und Lebensnähe zu geben. Diese Lebensnähe der samtigen Objekte verleiht auch Uwe Rehers Blumenstillleben ihren ganz besonderen Charme. Wichtig sind hier die glatten Tonpapiere, deren Eigenfarbe als Bildgrund immer wieder hervortritt und aktiv den Gesamteindruck des Bildes mitbestimmt. Pastellkreide kann zeichnerisch linear verwendet, aber auch flächig aufgetragen werden, so dass ihre malerische Wirkung zur Geltung kommt. Die Oberfläche ist höchst sensibel und muss sofort fixiert werden, um erneut überarbeitet oder präsentiert werden zu können.

Aus den vielen lebensbejahenden und unserem manchmal grauen Alltag verzaubernden Werken sticht eine großformatige Arbeit besonders hervor:3 x 2 Bilder fügen sich durch nahtlosen Anschluss der dargestellten zahllosen Stängel, Blätter und Blütenkelche vielfarbiger leuchtender Tulpen zu einem dekorativen Ganzen, das durch den Rapport einen Tapetencharakter bekommt.

Die Wand, Raum und Leben gestaltende Dekorationskunst des Jugendstils scheint hier Pate gestanden zu haben. Hier fügt sich auch nahtlos die Symbolhaftigkeit des Gesamtbildes „Himmel und Erde“ ein: Warme Erdtöne in der unteren Zone lassen an die Verwurzelung der Vegetation im Boden denken, aus dem sie im mittleren Bereich in leuchtender Farbigkeit kraftvoll hervorzusprießen scheint. In der obersten Zone, dem Himmel, hellen sich die Töne durch zarte transluzide Farben unmerklich auf und erhalten eine schwebende Leichtigkeit.

Aus dieser kleinen Auswahl von Uwe Rehers Arbeiten ergibt sich ein stimmiges Bild des aus Hamburg stammenden Künstlers. Seine Liebe zur Nord- und Ostseeküste gewinnt in seinen Landschaftsbildern adäquate Gestalt.

Die fließenden Farben entsprechen dem Ineinandergleiten der Elemente Erde, Wasser und Himmel. Der einmal feenhafte Zauber und die ein anderes Mal elementar drohende Stimmung eines vielleicht abziehenden Gewitters erinnern mich an Emil Noldes späte Landschaften.

Auch die leuchtend explosive Vitalität der Blumenbilder scheint einer ähnlichen Sehnsucht nach Leben, Licht und Farbe zu entspringen.

Dr. Barbara Richarz-Riedl
Kunsthistorikerin, Kassel